Ein Unternehmer mit Herz

Das Stadtoberhaupt spielte damit an auf die selten gewordene Spezies von Firmenchefs, die einer entscheidenden Passage des Grundgesetzes Geltung verschaffen: ,,Eigentum verpflichtet.“ Das ECHO titelte seinerzeit: ,,Mehr Röhrigs braucht das Land.“ Nach der durch Raffke-Mentalität hervorgerufenen und von sozialen Verwerfungen begleiteten Finanzkrise könnte die Artikelüberschrift bedenkenlos wiederholt, müsste dann aber mit drei zusätzlichen Ausrufezeichen versehen werden.

Mehr Röhrigs würden dem Land in der Tat gut zu Gesicht stehen. ,,Unternehmer mit Herz“ passt auf jeden Fall, auch wenn es ihm nicht immer leicht fiel, den Betrieb für die Zukunft fit zu machen. ,,Stoppt den Steinbaron“, forderten etwa Bürgerinitiativen, als sich der Jubilar Anfang der Neunziger anschickte, mit dem Bau der Werkstraße (,,Kühpäd“) Betriebsabläufe optimieren und für die vom Schwerlastverkehr arg gebeutelten Anwohner Entlastung schaffen zu wollen. In rund 400 Presseartikeln wurde zum Thema gestritten. Nach vielerlei Widerständen konnte 1997 Vollzug gemeldet werden. Selbst Kritiker von einst räumen heute ein, dass die Maßnahme ein Segen war.

Von Gerhard Röhrigs sozialem Engagement haben unzählige Vereine und Gruppen, aber auch die Stadt insgesamt profitiert. Er sanierte mit schwerem Gerät Waldwirtschaftswege, transportierte Frankfurter Bänke und Tische an ausgesuchte Rastplätze, bereicherte das Naherholungsgebiet Bruchsee mit Findlingen, gestaltete den Postbrunnen in der Fußgängerzone und die Verkehrsinsel am Europaplatz, sprang dem Reiterverein und dem Vogelpark zur Seite, beteiligte sich am Aufbau des Erlebnispfades ,,Wein und Stein“, ist als einstiger Schirmherr ,,Gerhard von Rauenfels“ (1977) ein Förderer der Fastnacht geblieben. Mit der Bereitstellung des Haus der Vereine am Erbachwiesenweg, das er auf eigene Kosten erwarb und renovierte, setzte er sich 2006 ein Denkmal – was dem Wortsinn nach so allerdings nicht seine Absicht war.

,,Wenn ich am Kirschhäuser Sportplatz vorbeifahre und sehe, mit welcher Begeisterung die Jugend den Kunstrasen annimmt, dann geht mir jedes Mal das Herz auf“, bringt Röhrig im ECHO-Gespräch seine Motivation auf den Punkt. Der Unternehmer stellte Material, Personal und Gerät ab, half mit einer Finanzspritze nach, engagierte sich in gleicher Weise für den Bau des Kirschhäuser Pfarrzentrums, griff für Sonderbachs ersten Spielplatz in die Schatulle, möblierte das Dorfgemeinschaftshaus, stiftete die ,,Florianshütte“, unterstützte den Hallenbau in Erbach. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.Gerhard Röhrigs Engagement kann nicht losgelöst betrachtet werden vom Umfeld, in dem er groß geworden ist. Vater Josef hatte 1935 den Steinbruch am Sonderbacher Gehrenberg erworben und nahm den Junior früh in die Pflicht.

Röhrig genoss zwar eine kaufmännische Ausbildung, machte in seiner Steinmetzlehre bei Kreuzer in Bensheim aber gleichfalls noch Bekanntschaft mit Hammer und Meißel – ein Knochenjob. Das war prägend. Den Respekt vor seinen Kollegen hat er seitdem nie verloren. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass manuelles Arbeiten inzwischen weitgehend von modernster Technik abgelöst, Abbau und Verarbeitung des Rohstoffes sogar von computergesteuerten Programmen unterstützt wird. Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Röhrig Granit ist weit und breit der letzte noch verbliebene Familienbetrieb.

Den Boss herauszukehren war auch nicht Röhrigs Ding, als ihm 1964 – gerade mal 24 Jahre alt – die Firmenleitung übertragen wurde. ,,Einen Feierabend kannten wir damals nicht“, blickt der Siebzigjährige zurück auf Jahre, in denen er unter schwierigsten Bedingungen den Betrieb auf Splittproduktion umstellte. ,,Ich habe“, bekannte er später, ,,nächtelang kein Auge zumachen können, weil ich nicht wusste, ob das Risiko nicht doch zu hoch war.“ Das Glück stand indessen auf der Seite des Tüchtigen.

Analog zu steigenden Erträgen stieg Röhrigs Bereitschaft, die Menschen partizipieren zu lassen: ,,Man tut, was man kann.“ Dem Jubilar zur Seite steht als Geschäftsführer inzwischen Marco Röhrig. Im Betrieb arbeitet außerdem Tochter Jovita mit. Neben den beiden Kindern werden heute fünf Enkel zu den ersten Gratulanten zählen – und natürlich Ehefrau Inge, geborene Kilian. ,,Ohne sie“, so der Siebzigjährige, ,,wäre ich nie so weit gekommen“.

  • Quelle: Echo online

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